Autor: Christoph Wohlfarth

ICI verstand sich bei seiner Gründung bis weit in die 1930er Jahre in erster Linie als klassischer Chemiekonzern, der als Produzent von Grundchemikalien wie Chlor, Ammoniak, Säuren und Soda die Vor- und Zwischenprodukte für die weiterverarbeitenden Industriezweige herstellte. Einen direkten Kontakt zum Endverbraucher gab es praktisch nicht. Die Fortschritte und Innovationen in den 1930er Jahren im Bereich der organischen Chemie, insbesondere bei den Grundlagen der Polymerisation, führten zur Entdeckung immer neuer Kunststoffe und eröffneten neue Anwendungsgebiete. Am vielversprechendsten galt dabei die Herstellung von vollsynthetischen Kunstfasern („Artificial Silk“), da man wegen einer stark anwachsenden Weltbevölkerung mit einem enormen Nachfrageboom, vor allem aus der Textilindustrie, rechnete. Andere große Chemiefirmen, wie beispielsweise DuPont, hatten diesen Trend frühzeitig erkannt und sich durch entsprechende Investitionen in Forschung und Entwicklung bereits einen großen Vorsprung bei der Herstellung von Kunstfasern erarbeitet. Nun setzte sich auch bei ICI zunehmend die Erkenntnis durch, dass sich die Abgrenzung zwischen dem klassischen Chemiemarkt und dem Textilmarkt nicht mehr aufrecht erhalten ließ, wenn man die Wachstumspotentiale in diesem Bereich nicht verpassen wollte.

In einem Labor der Nobel Division in Ardeer (Schottland) betrieb ICI zunächst die Entwicklung einer eigenen Kunstfaser auf Basis von pflanzlichem Öl, das aus Erdnüssen gewonnen wurde.  Die daraus gewonnenen Fasern („Peanut Fibres“) hatten ähnliche Eigenschaften wie Wolle und wurden unter dem Namen „Ardil“ nach dem Krieg vermarktet. Allerdings war dieser Faser kein großer Markterfolg beschert und die Produktion wurde wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit schon bald wieder eingestellt.

Daneben suchte ICI nach anderen Möglichkeiten, im Zukunftsmarkt für Chemiefasern Fuß zu fassen.

Firmenportrait British Nylon Spinners (BNS)

Bereits im Jahr 1937 war DuPont erstmals an ICI herangetreten und bot eine Lizenz zur Herstellung einer vollsynthetischen Kunstfaser aus Polyamid 6.6 an. Die aus diesem Material gewonnenen Fasern galten als sehr hochwertig, denn sie hatten bezüglich ihrer Reißfestigkeit, Elastizität und Farbe ähnliche Eigenschaften wie Seide. Nach längeren Verhandlungen erwarb ICI 1939 die Lizenz zur Herstellung und exklusiven Vermarktung von Nylon in England sowie den Ländern des British Empires mit Ausnahme von Kanada.

ICI verfügte zu diesem Zeitpunkt jedoch noch über keinerlei Erfahrung mit dem zur Faserherstellung erforderlichen Spinnprozess sowie mit der Vermarktung von Textilfasern. Daher suchte ICI nach einem Partner zur Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens (Joint Venture), der aus dem Bereich der Faserherstellung kommen und die fehlenden Kompetenzen in ein Gemeinschaftsunternehmen (Joint Venture) einbringen sollte.

Die Wahl fiel auf die Firma Courtaulds Limited, die zu dieser Zeit einer der weltweit führenden Hersteller von Viskosefasern war und somit über das erforderliche Know-how zu Spinnverfahren verfügte. Zudem war Courtaulds damals eine der größten Webereien der Welt und damit ein wichtiger Bestandteil der Welttextil-Industrie. ICI dagegen verfügte zu diesem Zeitpunkt noch über keine direkten Erfahrungen im konsumnahmen Textilbereich, sondern kannte die Textilindustrie nur in der Lieferantenrolle für Farbstoffe und Chemikalien. Darüber hinaus gab es noch einen weiteren Grund, der für die Wahl von Courtaulds als Partner sprach: Für die Verarbeitung der Cellulose bezog Courtaulds große Mengen an Natronlauge und Schwefelsäure von der ICI. Mit dem Einstieg der ICI in die Produktion von Nylonfasern, wären beide Firmen zu direkten Konkurrenten im umkämpften Chemiefasermarkt geworden. Im ICI Vorstand bestand daher die Befürchtung, mit Courtaulds einen seiner wichtigsten Kunden zu verlieren. Schließlich verständigten sich die beiden Firmen im Juli 1939 auf die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zur Herstellung von Nylonfasern in Großbritannien.

Zum 1. Januar 1940 wurde die Firma British Nylon Spinners (abgekürzt BNS), an der beide Muttergesellschaften zu gleichen Teilen mit je 50% beteiligt waren, gegründet. Jeder der beiden Partner sollte seine Kernkompetenz in das neue Unternehmen einbringen: ICI als Chemiekonzern war für die Produktion und Lieferung des Nylon Polymers zu einem festgelegten Preis verantwortlich und baute in Huddersfield, einem Werk der Dyestuffs Division, eine erste Anlage zur Polymerisation von Nylon mit einer Kapazität von 200 Tonnen pro Jahr. Courtaulds brachte seine Erfahrungen beim Aufbau und der Inbetriebnahme des zur Nylonproduktion erforderlichen Schmelzspinnverfahrens sowie seine Kenntnisse des Textilmarktes in das neue Joint-Venture ein.    

In Coventry wurde auf einem Werksgelände von Courtaulds, eine erste Faserfabrik errichtet und das erste Nylon konnte Anfang 1941 produziert werden. Wegen der deutschen Luftangriffe auf Coventry baute  BNS kurz darauf in Stowmarket, östlich von London, eine zweite Fabrik. Das während des Krieges produzierte Nylon wurde ausschließlich für militärische Zwecke, z. B. für die Herstellung von Fallschirmen, verwendet.

Nach dem Krieg begann BNS seine Nylonkapazitäten zügig für zivile Zwecke auszubauen. Als Voraussetzung hierfür errichtete ICI 1947 in Billingham eine neue Anlage zu Herstellung von Nylon Polymer mit einer geplanten Kapazität von 5.000 Tonnen. Die bisherigen Nylonwerke in Coventry und Stowmarket wurden geschlossen und BNS gab den Aufbau einer völlig neuen Fabrik in Pontypool (South Wales) bekannt, die 1948 die Produktion von Nylon aufnahm.

In dem von hohen Wachstumsraten geprägten Chemiefasermarkt der Nachkriegszeit entwickelte sich BNS zu einem der weltweit führenden Hersteller von Nylon 6.6 Fasern. Begleitet von einer großen Marketingkampagne gelang es ab Mitte der 1950er Jahre, unter dem Markennamen BRI*-NYLON ein weltbekanntes Markenlogo im Bekleidungssektor zu etablieren.

Schon bald wurde der Bau weitere Faserwerke notwendig, um den steigenden Bedarf zu decken. In England nahmen neue Faserwerke in Doncaster (1955) und Gloucester (1960) den Betrieb auf. Ende 1963 kündigte BNS den Bau eines neuen Faserwerkes in Östringen an, das 1965 fertiggestellt sein sollte. Hinzu kamen weitere Produktionsstätten außerhalb Europas in Südafrika, Australien und Neuseeland.

Übernahme der BNS und Gründung der ICI Fibres Limited

Auch wenn sich die British Nylon Spinners in der Geschichte ihres 25-jährigen Bestehens zu einem wirtschaftlich sehr erfolgreichen Unternehmen entwickelten, kam es zwischen den beiden ungleichen Partner immer wieder zu Spannungen und Konflikten. Der 10-köpfige BNS Vorstand setzte sich zu gleichen Teilen aus ICI und Courtaulds Mitarbeitern zusammen, die zum Teil auch zusätzliche Funktionen in ihren jeweiligen Muttergesellschaften inne hatten. Ein immer wiederkehrender Streitpunkt war beispielsweise die Festlegung des Polymerpreises, zu dem ICI das Joint-Venture belieferte.

Hinzu kam, dass ICI zusätzlich zu den Aktivitäten im Nylonbereich, die zur Gründung der British Nylon Spinners geführt hatten, auch in anderen Bereichen des Chemiefasermarktes aktiv wurde. So hatte ICI von der Firma Calico Printers Association die Lizenz zur Herstellung einer weiteren Kunstfaser auf Polyesterbasis („Terylene“) erworben und entwickelte nach dem Krieg in eigener Regie das Herstellungsverfahren von Terylene zur Marktreife. Dabei erwies es sich als großer Vorteil für ICI, dass das ursprünglich von DuPont zur Herstellung von Nylon entwickelte Schmelz-Spinn-Verfahren auch für die Herstellung von Polyesterfasern einsatzfähig war. Ab 1952 konnte zunächst mit der technischen Produktion von Terylene begonnen werden und 1958 wurde in Kilroot (Nordirland) ein großes Terylene-Faserwerk errichtet.

Die steigende Bedeutung der Chemiefaserproduktion führte im Jahr 1956 zur Gründung einer eigenen Fibres Division, deren Hauptsitz in Harrogate (North Yorkshire) lag.

Die Spannungen zwischen den beiden Partnern erreichten 1962 ihren Höhepunkt, als ICI versuchte, die Mehrheit der Aktienanteile von Courtaulds zu übernehmen. Die feindliche Übernahme scheiterte zwar, aber beide Partner blieben im Gespräch. Letztendlich verständigte man sich schließlich darauf, dass ICI zum 1. Januar 1965 den 50% Anteil von Courtaulds an den British Nylon Spinners übernehmen konnte. Die ICI Fibres Ltd. als 100%ige Tochter der ICI wurde gegründet und das Nylongeschäft der BNS mit dem Polyestergeschäft der bereits bestehenden Fibres Division der ICI unter einem Dach zusammengefasst.

Die neue Firma beschäftigte nach dem Zusammenschluss weltweit 17.000 Mitarbeiter und produzierte 135.000 Tonnen Nylon 6.6 und 90.000 Tonnen Polyester pro Jahr (Stand 1966). Die bekanntesten Marken waren BRI*-Nylon, das in der Bekleidungsindustrie vor allem für Damenstrümpfe, Unterwäsche und Hemden sowie zum Ende der 1960er Jahre auch im Teppichbereich eingesetzt wurde. Daneben wurden Nylonfasern auch für Industriezwecke eingesetzt, z. B. bei Reifen, Förderbändern, Netzen und Seilen. Die Polyesterfaser Terylene wurde vielfach in Verbindung mit anderen Fasern (Wolle, Baumwolle) bei der Herstellung von Stoffen für den Oberbekleidungssektor verwendet. Beispiele hierfür waren Anzüge und Regenmäntel, hergestellt aus der inzwischen weltweit klassischen 55/45 Wolle/Polyester-Mischung, sowie Hemden und Blusen in der 55/45 Baumwolle/Polyester-Verblendung. Polyester-Endlosfäden fanden vielseitige Anwendungen in technischen Bereichen, z. B. als Reifencord, in Nähgarnen und Schläuchen, in sportlichen Anwendungen als Segeltuch und in Anorak-Stoffen sowie in Haushalsartikeln z. B. als Gardinen. Unter dem Markennamen Crimplene wurde eine Spezialfaser, die ebenfalls aus Polyester hergestellt wurde, vermarktet. Sie wurde vor allem für Damenkleider und -Mäntel, aber auch für Herrenoberbekleidung eingesetzt.

Seit Anfang der 1960er Jahre entwickelte sich der europäische Wirtschaftsraum (EWG) für ICI zum größten Absatzmarkt außerhalb Großbritanniens. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, wurde 1965 die ICI (Europa) Ltd. mit Sitz in Brüssel gegründet. Die neue Gesellschaft hatte die Aufgabe, alle Aktivitäten (Produktion, Absatz, Marketing) auf dem europäischen Markt zu koordinieren. Sie unterhielt zahlreiche Tochtergesellschaften in den einzelnen EWG Ländern, darunter auch die Produktionsstätten in Rozenburg und Östringen.

Niederlassungen der ICI Fibres Limited

Harrogate

Headquarter der ICI Fibres Division in Harrogate

Mit ihrer Gründung im Jahr 1956 hatte die Fibres Division den Standort Harrogate (North Yorkshire) zur Hauptverwaltung der neuen Division ausgebaut. Dort waren außerdem ein Polyester-Forschungslabor sowie eine anwendungstechnische Abteilung (Textile Research Center) untergebracht.

Im Jahr 1991 wurde der Standort Harrogate im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen aufgegeben und der Hauptsitz der ICI Fibres nach Brüssel verlegt.

Pontypool (UK)

Pontypool (Südwales) war das erste Nylonfaserwerk, das von den British Nylon Spinners nach dem Krieg gebaut wurde und 1948 die Nylonproduktion aufnahm. Das Faserwerk wurde, ähnlich wie später auch das Werk Östringen, auf der grünen Wiese errichtet und in mehreren Stufen weiter ausgebaut. Hier wurde zunächst auch das Research Department (Polymer und Experimental Plant) und die erste anwendungstechnische Abteilung von BNS errichtet. In den 1970er Jahren wurden alle Forschungsaktivitäten von ICI Fibres im Rahmen von Rationalisierungsmaßnahmen nach Harrogate verlegt.

Blick auf das Faserwerk in Pontypool, nach dessen Vorbild das Östringer Faserwerk
errichtet wurde.

Wenige Jahre nach der Übernahme des ICI Fasergeschäftes durch DuPont, wurde das Werk Pontypool als Produktionsstandort im Jahr 1995 aufgegeben und verkauft.

Doncaster (UK)

Da die stark wachsende Nachfrage nach Nylonfasern eine weitere Ausweitung der Produktionskapazitäten erforderlich machte, erwarb BNS im Jahr 1953 die Fabrikationsanlagen der Firma British Bemberg Ltd. in Doncaster (South Yorkshire), die dort zuvor Viskosefasern produziert hatte und baute sie zu einem Nylonfaserwerk um. Zunächst wurde in Doncaster die Produktion von  Stapelfasern konzentriert und später um die Produktion von Industrie- und Teppichgarnen erweitert.

Blick auf das Faserwerk in Doncaster mit dem typischen Schornstein aus Ziegelstein

Die dortige Teppichfaser-Produktion wurde Ende der 1980er Jahre zum Teil nach Östringen verlegt. Im Gegenzug wurde die Industriegarn-Produktion in Östringen eingestellt und nach Gloucester transferiert.

Im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen (Nylon Modernization Project) gab DuPont die Schließung des Werkes Doncaster bis Ende 1998 bekannt.

Gloucester (UK)

Luftaufnahme des Faserwerkes in Gloucester

Im Jahr 1959 konnte BNS ein weiteres Industriegelände eines britischen Flugzeugbauers nahe bei Gloucester erwerben und errichtete dort ebenfalls eine Faserfabrik zur Produktion von Nylon Endlosgarnen. Später wurden dort auch Endlosgarne für Airbags für die Autoindustrie gefertigt. Nach der Schließung der Hauptverwaltung in Harrogate 1991, wurde auch das Textile Center und ein sehr verkleinerte Research Department von Harrogate nach Gloucester verlegt.

Als einziges der ehemaligen ICI Faserwerke produziert das Faserwerk in Gloucester noch bis heute textile Garne unter dem Namen INVISTA Textiles (UK) Limited.

Kilroot (UK)

Im Jahr 1958 wurde mit dem Bau eines ICI Werkes in Kilroot (Nordirland) begonnen. Im dem Werk wurde ausschließlich Polyester (Terylene) produziert. Als 1967 im Werk Östringen ebenfalls die Produktion von Polyestergarn aufgenommen werden sollte, wurden Meister und Vorarbeiter aus der Produktion für mehrere Wochen zur Einarbeitung nach Kilroot geschickt. Mit dem allmählichen Rückzug der ICI aus dem von Überkapazitäten belasteten Polyestergeschäft wurde im Jahr 1980 der Produktionsstandort Kilroot aufgegeben.

Östringen (DE)

Ende 1963 kündigte BNS den Bau eines neuen Faserwerkes in Östringen an, das ab 1965 Nylongarn für textile Zwecke, später für die Teppichherstellung fertigte. Zwei Jahre später, 1967, wurde die Produktion um das Polyestergarn Terylene erweitert. Für eine anwendungstechnische Abteilung (AT, später Carpet Centre) wurde 1970 auf dem Werksgelände ein neues Gebäude errichtet. Durch laufende technologische Fortschritte entwickelte sich das Werk Östringen bis Mitte der 1990er Jahre zum größten und modernsten Faserwerk Europas.

Das Faserwerk Östringen, ca. 1980

Im Jahr 2006 erfolgte die Teilung des Werkes zwischen INVISTA (Teppichfasern) und Nilit (Textilfasern) und im Jahr 2012 kam es zur endgültigen Schließung des Werkes Östringen als Standort für die Chemiefaserproduktion.

Wilton (UK)

Der ICI-Standort in Wilton war keine klassische Betriebsstätte der Fibres Division. Vielmehr handelte es sich um einen der größten und am stärksten integrierten petrochemischen Industriekomplexe der Welt. Großanlagen zum Cracken von Erdöl waren die Ausgangsbasis, auf deren Grundlage mehrere ICI Divisions ihre Vor- und Zwischenprodukte in eigenen Anlagen („Plants“) unabhängig voneinander herstellen konnten. So war Wilton auch für die Fibres Division von großer Bedeutung, da hier die Anlagen zur Produktion von Nylon Polymer unter der Regie der Dyestuffs Division betrieben wurden, welche die Faserwerke der British Nylon Spinners und später der ICI Fibres Division mit Polymergranulat belieferten.

Blick auf die Nylon-Anlagen im Werk Wilton, BNS Magazin 1964

Auch die Ausgangstoffe für die Produktion des Polyesterpolymers sowie das Polymer selbst wurden in Wilton produziert.

Rozenburg (NL)

Ähnlich wie der Standort Wilton bestanden auch die Rozenburg-Werke im Europort bei Rotterdam aus mehreren chemischen Großanlagen, die von verschiedenen ICI Divisions betrieben wurden. Ausschlaggebend für die Entscheidung der ICI im Jahr 1961, innerhalb der EWG in eine  große Produktionsstätte zu investieren, waren neben der gestiegenen Nachfrage nach Kunststoffen und Fasern im europäischen Wirtschaftsraum vor allem die hohen Einfuhrzölle für britische Exporte in die EWG. So lagen 1963 die Zollsätze für die Einfuhr von Chemieprodukten zwischen 11% und 22%. Bei Zwischenprodukten waren die Zollsätze bedeutend niedriger als bei Fertigprodukten. Daher verfolgte ICI die Strategie, petrochemische Zwischenprodukte, die in den Cracker Anlagen in Wilton erzeugt wurden, wie beispielsweise verflüssigtes Äthylen oder das AH Salz zur Herstellung von Nylon Polymer, das aus der Polymerisation von Adipinsäure und Hexamethylendiamin gewonnen wurde, nach Rozenburg zu liefern und dort daraus die Fertigprodukte, z. B. Polyäthylen, herzustellen.

Das Werk Rozenburg in Holland, ca. 1980

Rozenburg wurde vor allem auf Grund seiner verkehrstechnisch günstigen Lage ausgewählt: Zum einen hatte die Rotterdamer Hafenverwaltung direkt neben dem Werk eine Hafenanlage, den Britannia-Hafen, gebaut, in dem Spezialschiffe die aus Tees-Side angelieferten Zwischenprodukte, z. B. verflüssigtes Äthylen, löschen konnten. Zum anderen führten Wasserstraßen und ein dichtes Verkehrswegenetz von Rotterdam in alle Teile Europas.

Im Jahr 1961 wurden mit der ersten Ausbaustufe Anlagen zur Herstellung der Acryl-Kunststoffe Perspex und Diakon errichtet. Drei Jahre später begann die zweite Ausbaustufe, in der unter anderem auch Anlagen zur Herstellung von Nylon und Polyester Polymer in Betrieb genommen wurden. Somit wurde Rozenburg zum wichtigsten Rohstofflieferanten für das Faserwerk in Östringen.

Karte mit den Industrieanlagen in Rozenburg; aus einer Pressemappe
der ICI, 1968

Literaturverzeichnis / Quellen:
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– Imperial Chemical Industries History, Part 2, W. J. Reader, 1975
– BNS Magazine, Twenty-five Years of British Nylon 1940-1965
– ICI Faserspiegel „Unser Konzern“